Gisela Spießhofers stimmungsvolle Bildwelten

Vernissage im Rathaus mit 40 Werken
(© Dr. Friedrich Rudzik)

Die Sitzplätze reichten nicht aus, als am Wochenende eine neue Austellung im Rathaus mit Werken der Unterkochener Künstlerin Gisela Spießhofer vor zahlreichen Vernissagebesuchern eröffnet wurde. Einleitend traf Akkordeon-Fachlehrer Hermann Epple mit dem Marsch „Avantgarde“ von Curt He-rold musikalisch die beschwingte und farbenfrohe Stimmung, die von den gezeigten Motiven ausgeht.

Ortsvorsteherin Heidemarie Matzik zeigte sich dann sehr er-freut, wieder den Räumen des Rathauses als Ort des bürger-schaftlichen Begegnens mit einer Kunstausstellung einen sinnenfreudigen Akzent zu verleihen mit Bildschätzen, die dort ein halbes Jahr verbleiben. Sie hob die Bedeutung von bil-dender Kunst als kulturellem Tätigkeitsfeld hervor, bei dem Menschen aufgrund ihrer Begabungen und Fähigkeiten ihre Gedanken und Gefühle aus der Tiefe ihres Lebens durch ein selbst geschaffenes Werk ausdrücken, so wie bei Gisela Spießhofer, die versucht, in ihren Werken den Stimmungsge-halt herauszuarbeiten, den sie in der Begegnung mit den genau beobachteten Naturphänomenen erspürt und mit Farbe und Pinsel auf dem Papier ins harmonische Gleichgewicht   übersetzt und so den Betrachter zu einem Bild-Dialog einlädt.

 

Im Anschluss spielte H. Epple das Stück Volo Degli Angeli (Engelsflügel) von Carmen Carozza, einem der ersten Kon-zertakkordeonisten Amerikas und leitete über zur eigentli-chen Veanstaltung, bei der kein Vernissageredner wie sonst üblich, sich mit Interpretationen über die präsentierte Kunst und den Künstler versuchte, vielmehr erlebten die Besucher in Gisela Spießhofer eine Künstlerpersönlichkeit, die mit ei-genen Worten authentisch ihren Werdegang auf dem Gebiet der Malerei schilderte und sich stets auf der Suche nach der natürlichen Wahrheit befand, nach der mysteriösen und un-terschwelligen Kraft des Universums. Ihr Bestreben ist das momentane Zusammenspiel zwischen Licht, Luft, Wasser und Landschaft exakt zu beobachten und den wesentlichen visu-ellen und gefühlsbestimmten Inhalt mit Aquarell- und Acrylfarben überzeugend festzuhalten. Erste Ansätze einer bild-nerischen Begabung ließ die Künstlerin bereits als Kind erken-nen, als sie im elterlichen Haus das WC und in der Schule die Tafeln bemalte. Pablo Picasso bemerkte hierzu:“Jedes Kind ist ein Künstler. Das Problem besteht darin, wie es ein Künstler bleiben kann, wenn es aufwächst“. Gisela Spießhofers Ge-staltungskraft und Motivation überwand diese entwick-lungspsychologische Hürde und formulierte auch im Erwach-senenalter über die äußere Erscheinungswelt der Dinge ihr inneres, ihr künstlerisches Erlebnis und behielt eine beacht-liche Gestaltungshöhe bei, die stets die von authentischer Stimmung getragene Übersetzung von Natur in künstlerischen Ausdruck suchte.

Nach einer Phase der Bauernmalerei wandte sie sich der Aquarellmalerei zu, einer der ältesten Maltechniken über-haupt, mit der sich über die Kunstepochen hinweg viele bekannte Künstler auseinandersetzten. Man unterscheidet im Wesentlichen zwei Verfahren: beim „Lasieren“ werden meh-rere Farbschichtenn nach jeweils kurzem Antrocknen aufge-tragen, beim „Lavieren“ wird die noch feuchte Farbe ent-weder mit einem Pinsel verteilt oder mit einer weiteren Farbe hineingemalt. G. Spießhofer ist keine akademische Malerin, sondern erarbeitete sich in einem lang andauernden Prozess experimentellen Aquarellierens die Kunstfertigkeit, mit der sie dem Aquarell die ihm eigene Strahlkraft verleiht: das Weiß des Papiers schimmert stets durch die Farbschichten und verleiht so dem Motiv eine lichte Leichtigkeit und Transpa-renz mit bezaubernden Farbnuancen.

Anders bei der Acrylmalerei, dem zweiten großen Teil der Ausstellung. Acrylharzfarben können deckend in Impasto-technik mit Pinseln oder Malmessern aufgetragen werden, trocknen sehr rasch und zeichnen sich durch hohe Leuchtkraft aus. Sie lassen sich auf jedem fettfreien Malgrund (z.B. Lein-wand, Holz, Metall, Glas) verwenden. So finden sich in einer Vitrine auch zwei mit Acrylfarbe kunstvoll bemalte Flaschen.

 

Gisela Spießhofer ging in einem kurzen Streifzug auf die Motivpalette ihrer 40 ausgestellten Arbeiten ein, die im Genre Landschaftsmalerei von den rauen und herben Jura-hochflächen des Härtsfelds über Uferpartien Irlands und der Kanaren bis zu den mediterranen farbgesättigten Ansichten der Toskana reichen, einschließlich des in intensivem Rot erstrahlenden Mount Olga in Zentralsaustralien. Lebendig inter-pretierte Wasser- und Seestücke ergänzen diesen Teil der Ausstellung, die besonders auch mit farbenfrohen Blumen-bildern im Treppenhaus eine Bereicherung erfährt, nicht zuletzt durch ausgewogene und überzeugende Kompositionen. Mit einer eigenen Fassung des berühmten Schneewalzers von Thomas Koschat beschloss Hermann Epple auf seinem Knopf-griff-Akkordeon musikalisch die Vernissage.

 

Dr. Friedrich Rudzik

 

© Stadt Aalen, 14.11.2018